You’ll Never Walk Alone: PCF-Berechnung ist Teamwork

01.03.2023

You’ll Never Walk Alone: PCF-Berechnung ist Teamwork

10.000 Produkte bietet FUCHS weltweit – 3.000 Lieferanten tragen zu ihnen bei. Mit ihrer Hilfe will das Unternehmen den CO2-Fußabdruck seines Portfolios berechnen und damit Standards in der Branche setzen. Klingt nach einer komplizierten Aufgabe? Das ist es auch. Aber es lohnt sich.

Stellen Sie sich bitte die Chefin einer kleinen, feinen italienischen Pasta-Manufaktur vor. Und jetzt den Vorstand eines großen japanischen Autoherstellers. Vielleicht noch einen deutschen Windkraftanlagenbauer, den Betreiber eines riesigen Zementwerks in China und das Führungsteam eines amerikanischen Rechenzentrums. So unterschiedlich ihre Unternehmen und Branchen auch sein mögen: Sie alle benötigen Schmierstofflösungen in der Produktion, für die Logistik oder in der Verwaltung. Und ziemlich sicher verbindet sie auch der Anspruch, effizient und nachhaltig zu wirtschaften.

In diesen riesigen Tanks lagern die losen Schmierstoffe, die per Lkw zu den Kunden transportiert werden. Nach der neuen Methodik von FUCHS endet die Berechnung ihrer CO₂-Fußabdrücke (vorerst) noch am Ausgangstor des Werks.

FUCHS hat sich auf den Weg gemacht, seine Kunden genau dabei zu unterstützen – nicht nur mit herausragenden Produkten, sondern mit einer eigens entwickelten Methodik, um den CO2-Fußabdruck dieser Produkte (Product Carbon Footprint, kurz: PCF)  zu berechnen und transparent zu kommunizieren. Wie es zu diesem Großprojekt gekommen ist und wie es helfen könnte, Standards für die gesamte Schmierstoffbranche zu entwickeln, das erklärt Markus Garb, Vice President Global Sustainability bei FUCHS.

„Die Branche hat erkannt, dass es nicht mehr reicht, ein Produkt auf Basis der rein technischen Eignung zu verkaufen. In Zukunft werden auch weitergehende Informationen zur Nachhaltigkeit entscheidend sein.“

Markus Garb, Vice President Global Sustainability bei FUCHS
Herr Garb, welche Note hatten Sie früher in Mathe?

Ich war ein durchschnittlicher Schüler – gut, aber nicht sehr gut. Was mir immer an Mathe gefallen hat, ist die Klarheit, mit der man Probleme beschreiben und lösen kann.

3000Lieferanten tragen zu
10000Produkten bei, die FUCHS weltweit an
100000Kunden verkauft.

FUCHS beliefert 100.000 Kunden weltweit mit höchst unterschiedlichen Schmierstoffen und Performancefluiden. Sie haben sich vorgenommen, den CO2-Fußabdruck dieser Produkte zu berechnen. Das klingt nach einer sehr komplizierten Rechenaufgabe.

Nun, die Rechnung an sich ist einfach. Aufwändig ist die Vorarbeit, die Abgrenzung des Systems: Welche Daten müssen wir einbeziehen, welche nicht? Wir erheben ja nur einen Teil selbst, beispielsweise zu Energie- und Wasserverbrauch oder zum Abfallaufkommen in der Produktion. Geht es um Rohstoffe, die wir zukaufen, dann kommen die Daten von unseren Vorlieferanten. Denen müssen wir aber genau sagen, wie sie ihre Werte berechnen müssen, damit wir Äpfel mit Äpfeln vergleichen – und nicht mit Birnen.

80Prozent
der produktbezogenen
Emissionen eines
Schmierstoffs stammen aus
der vorgelagerten
Wertschöpfungskette.

FUCHS möchte seine Kunden dabei unterstützen, nachhaltiger zu wirtschaften. Die Erhebung und transparente Kommunikation des CO2-Fußabdrucks der eigenen Produkte ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Wie gehen Sie bei dieser Mammutaufgabe vor?

Wir haben zunächst definiert, welche Teile der Wertschöpfungskette, zu denen FUCHS beiträgt, in die Berechnung des Product Carbon Footprints (PCF) einfließen sollen. Laut der Norm ISO 14067 muss ein PCF die gesamte Wertschöpfungskette von der Wiege bis zur Bahre abdecken. Das heißt: vom Rohstoffabbau bis zur Entsorgung. Nun bieten wir 10.000 Produkte für 100.000 Kunden weltweit. Wenn bei uns ein Produkt im Lager zum Verkauf steht, wissen wir noch nicht, welcher Kunde es für welche Anwendung nutzen wird. Daher haben wir uns entschlossen, unsere PCF-Methodik einzugrenzen: auf den Weg von der Wiege bis zum Ausgangstor von FUCHS. Das nennt man Cradle-to-Gate.

Die Zusammenarbeit mit den Vorlieferanten ist sehr wichtig. Sie müssen genau wissen, welche Daten wir brauchen und wie diese abgegrenzt sein müssen. Bei unseren internen Daten sind wir relativ weit, da wir bereits seit 2011 den Unternehmensfußabdruck berechnen und die Datenerfassung fortlaufend optimieren.

Wenn man das alles definiert hat, macht man sich an die Datenstrukturen: FUCHS hat viele Standorte, und viele Produkte werden an mehreren Standorten hergestellt. Daher kommen manche Rohstoffe aus verschiedenen Quellen. Die Datenstrukturen und Rechenebenen müssen natürlich zu diesem Multisourcing passen.

Auf dem Weg in die Klimaneutralität

Bei der Berechnung des PCF werden alle CO2-Emissionen des Produkts entlang der Wertschöpfungskette, von den Rohstoffen über die Verpackung bis hin zur Entsorgung (Cradle-to-Grave), einbezogen. Eine partielle Berechnung des PCF von Cradle-to-Gate endet, wenn das Produkt das Werkstor passiert. Das ist üblich, wenn die spätere Verwendung des Produkts nicht im Detail bekannt ist.
Mehr zur Klimaneutralität und die PCF-Methodik zum Download gibt es hier!

An welchem Punkt des Prozesses steht FUCHS?

Wir stecken mitten in einem Pilotprojekt für die PCF-Berechnung auf regionaler, also europäischer, Ebene. Ende des Jahres könnte es bei den ersten Produkten so weit sein. Um alle Produkte abzudecken, sind wir maßgeblich von der Bereitstellung der Daten durch unsere Vorlieferanten abhängig. Manche sind da schon sehr weit, andere stehen am Anfang.

Parallel lassen wir unsere Methodik durch unabhängige Experten vom TÜV prüfen – das ist wichtig für Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Welche sind die größten Herausforderungen bei der PCF-Berechnung?

Jedes Ergebnis ist nur so gut, wie die Rohdaten, die eingegeben wurden. Bei unseren internen Emissionserhebungen sind wir, wie schon erwähnt, sehr gut aufgestellt. Allerdings stammen, je nach Produkt, 80 bis 90 Prozent der produktbezogenen Emissionen aus der vorgelagerten Wertschöpfungskette und hier sind viele Lieferanten noch nicht so weit. Zum Glück arbeiten wir sehr partnerschaftlich zusammen. Einige Lieferanten haben bereits PCF-Methodikdokumente veröffentlicht und es zeigt sich, dass vieles in die richtige Richtung geht. Das macht Mut, denn am Ende brauchen wir einen Standard für die gesamte Branche, sogenannte sektorspezifische Standards. Denn nur, wenn wir nach einer einheitlichen Methodik berechnen, dürfen wir auch Ergebnisse miteinander vergleichen.

Schritt für Schritt: Meilensteine der Nachhaltigkeit

Seit 2010 treibt FUCHS seine Strategie für mehr Nachhaltigkeit voran. Was seither erreicht wurde? Klicken Sie sich gerne durch unsere Meilensteine.

Verglichen mit anderen Industrien hat Ihre Branche eher niedrige Emissionen. Der größere Hebel hinsichtlich Klimaschutz liegt auf Kundenseite.

Ja, das ist der „Honigtopf“ der Emissionsbilanz. Wenn die Produkte unser Werkstor verlassen, haben sie bei uns und unseren Vorlieferanten einen Rucksack an Emissionen aufgebaut. In der Anwendung sind sie aber per se dazu da, Reibung und damit Verschleiß zu verringern, Effizienz zu steigern und die Lebensdauer von Maschinen zu verlängern. Leider lassen die einschlägigen Normen wie ISO 14067 nicht zu, solche „vermiedenen Emissionen“ mit den zuvor angefallenen zu verrechnen. Das soll Greenwashing vermeiden. Was wir aber tun können ist, beide Bereiche der Wertschöpfungskette sauber zu berechnen und zu vergleichen – das nennt man Lebenszyklusanalyse (LCA). Das ist eine viel breiter angelegte Methodik, die nicht nur Emissionen betrachtet, sondern auch andere Umweltauswirkungen bewertet. Diese LCAs und die nötigen Fähigkeiten werden wir ebenfalls bei FUCHS entwickeln.

Es gibt derzeit keine sektorspezifischen Standards der PCF-Berechnung. FUCHS leistet hier echte Pionierarbeit. Wie geht die Branche damit um?

Die Branche hat erkannt, dass es nicht mehr reicht, ein Produkt auf Basis der rein technischen Eignung zu verkaufen. In Zukunft werden auch weitergehende Informationen zur Nachhaltigkeit entscheidend sein. Wir brauchen sektorspezifische Standards, wie PCFs für Schmierstoffe und deren Vorprodukte berechnet werden müssen – mit Fokus auf der Vergleichbarkeit der Daten. Wir tragen über europäische Verbände wie UEIL und ATIEL aktiv zu einer Erarbeitung solcher Standards bei und wollen mit unserer Methodik einen Beitrag zur Vereinheitlichung leisten.

Der Klimawandel ist durch die Corona-Pandemie und viele geopolitische Herausforderungen nicht mehr so präsent in der öffentlichen Debatte. Meldungen von extremen Klimaänderungen wie etwa aus Indien, wo zeitweise Temperaturen von 50 Grad Celsius herrschen oder die derzeitige beispiellose Trockenperiode in Europa zeigen jedoch die aktuelle Brisanz dieser globalen Krise.

Wir arbeiten bei FUCHS daher konsequent weiter an unseren Produkten und Prozessen. Schmierstoffe sind in vielen Fällen „Enabler“ für nachhaltige technische Lösungen. Kein Unternehmen kann alleine die Entwicklung aufhalten, aber jeder muss seinen Beitrag leisten. Der Klimawandel macht keine Pause – wir auch nicht.

„Der Klimawandel macht keine Pause – wir auch nicht.“

Markus Garb, Vice President Global Sustainability bei FUCHS